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Butter – Approved

Im Kopf des anderen:

Manche Romane gehen unter die Haut – nicht weil sie spektakulär sind, sondern weil sie die richtigen Fragen aufwerfen. Bei "Butter" hatte ich schnell dieses Gefühl von Identifikation.


Darum geht's:

Die Reporterin Rika möchte unbedingt ein Interview mit der verurteilten Mörderin Manako Kajii führen. Dabei ist nicht einmal klar, wie genau Kajii ihre Partner umgebracht haben soll, denn sie alle starben unter Umständen, die ein Fremdeinwirken weder bestätigen noch ausschließen. Außerdem blockiert Kajii, sobald es um die Fälle geht. Lieber redet sie über ein anderes Thema: Essen. Und dabei spielt Butter eine essenzielle Rolle. Langsam versteht Rika das Lebensgefühl, das sich hinter Kajiis kulinarischer Leidenschaft verbirgt. Die Grenzen zwischen Beruf, Privatleben und Freundschaft verschwimmen. Doch mit all der Veränderung tritt nicht nur Gutes in Rikas Leben.

Approved:

In diesem Buch geht es nicht um Schuld oder Unschuld. Die Frage ist eher, wie wir den Umgang zwischen Menschen bewerten. Welche Beziehungen dürfen wir auf welche Weise führen? Welche Nähe dürfen wir zulassen und vor welcher sollten wir uns schützen? Welche Erwartungen stellen andere an uns und wir an uns selbst?
Es hat mich positiv überrascht, dass diese Fragen von einem Roman aufgeworfen werden, der unter anderen Umständen einfach nur eine Kriminalgeschichte hätte sein können.
Dabei ist er mit allen Themen rund um unser Sozialgefüge, Schönheitswahn und Familienstrukturen hoch aktuell.

💀 Spoiler:

Was mich beim Lesen besonders packte, war die Erkenntnis, wie einfach es ist, manipuliert zu werden. Und das noch nicht einmal von jemanden, der einem besonders sympathisch ist. Rikas Wandel in den ersten Kapiteln ist so nachvollziehbar, dass man gar nicht auf die Idee kommt, sich zu fragen, ob es auch gesund ist. Ihr Leben vor Kaji war trist, kalt und ohne alltägliche Freuden. Man ist also schnell dazu geneigt, froh zu sein, wie schnell sie sich trotz Widerstand in ihrer Umgebung mehr um sich kümmert. Doch Kajis Ego ist zu groß, um Rikas Leben nicht doch aus den Fugen geraten zu lassen. Als Leser bemerkt man, wie Rika zweifelt und doch eine verklärte Vorstellung hat, wer Kaji ist. Sie braucht erst die Sicht ihrer Freundin Reiko, um zu erkennen, wie sie sich einlullen lässt.
Denn Kaji ist eine Narzisstin. Sie braucht keine Waffe und kein Gift und noch nicht einmal die bewusste Absicht, um jemanden zu verletzen. Nein, es reichen ihre Empathielosigkeit und ihr übersteigertes Selbstverständnis aus. Sie stößt ihre Mitmenschen vor den Kopf, spielt mit ihren Leben aus der Vorstellung heraus, dass ihr Maßstab das Einzigwahre ist. Sie findet den verwundbarsten Punkt in der Psyche ihrer Mitmenschen und legt den Finger in diese Wunde, wenn es ihr passt. Und dabei ist sie sich keiner Schuld bewusst.

Gerade für Leser, die vielleicht selbst schon einmal unter die Räder einer manipulativen Person geraten sind, kann dieses Buch eine Art Anker sein. Zu lesen, dass auch andere zweifeln, ob sie nicht "selbst schuld" sind und dabei die Distanz zu behalten, sorgt dafür, dass man immer kurz vor der Protagonistin feststellt: nein, hier läuft etwas schief. Hier wird etwas verdreht.
Und diese Erkenntnis gibt einem Kraft zurück.

Ich könnte das Buch gleich ein zweites Mal lesen. So viele Nuancen würden sich nun hervortuen und manche Eindrücke verstärkt werden.

Eckdaten:

Titel: Butter
Autorin: Asako Yuzuki
442 Seiten
Verlag: Blumenbar 
Roman

 
Unbezahlte Werbung 


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